Auf Armeslänge

Kennt ihr das? Da seid ihr schon lange mit jemandem über die üblichen verdächtigen Online-Plattformen bekannt und verbandelt, ihr versteht euch dort in Form von Austausch geistreicher Worthäppchen und dann kommt der Tag: Man steht sich auf einer Konferenz oder einem BarCamp gegenüber und … hat sich nach drei Sätzen nichts mehr zu sagen.

Man steht da, ringt nach Worten und wünscht sich, denjenigen ganz schnell wieder in das kleine Eckige Kästchen zu verbannen, denn da war derjenige genau auf der Distanz, die diese gute Beziehung – ja, nennen wir es so – scheinbar erst ermöglicht hat. Lesen, lachen, antworten, weiterscrollen und gut.

Diese Erfahrung zu machen hat mich anfangs sehr erschreckt. Bis dahin ging ich fest davon aus, dass wenn man doch endlich DIE Menschen trifft, mit denen der Austausch bislang durch 140-Zeichen-Begrenzungen oder eben auf die Text/Bild/Video-Ebene beschränkt war nur besser und intensiver und gehaltvoller werden kann. Die persönliche Begegnung hätte das doch eigenlich auf ein höheres Level bringen müssen, oder? ODER? Bei einigen wenigen hat das geklappt, bei den meisten allerdings nicht. Was war passiert? Wie nennt man sowas?

Das erste Bild, welches mir durch den Kopf schoss war jenes, dass es scheinbar Beziehungen gibt, die auf Armeslänge-Abstand beruhen. Irgendwie fand ich das schlimm und desillusionierend. Sollten das wirklich diese gehaltlosen/wertlosen Beziehungen sein, vor denen uns die Internetausdrucker immer gewarnt haben? Mittlerweile bin ich da beruhigter. Wenn ich einen interessanten Artikel in der Zeitung lese oder ein spannendes Buch heisst das ja auch nicht, dass ich den Autor jetzt unbedingt persönlich kennen lernen will. Ich finde Inhalte wertvoll und spannend, die er erzeugt hat. Aber eben auch nur diese. Und das ist ok so. Da wir nun im wunderbaren Internet nun allesamt zu Autoren und Content-Produzenten geworden sind ist dieser Mechanismus einfach ein Stück näher gekommen.

Selbstverständlich gilt das wie gesagt nicht pauschal für alle, die ich auf Konferenzen o. ä. treffe – im Gegenteil! Ich habe viele wunderbare Menschen zumeist per Twitter kennengelernt, mit denen ich auf diesen Veranstaltungen permanent zusammen hänge. Und die sind mir auch sehr ans Herz gewachsen und die gebe ich nie wieder her! Diejenigen, die ich meine spüren gerade meine herzliche Umarmung, wenn ich sie bei den einschlägigen Gelegenheiten begrüße! Aber es gibt halt auch die Armlänge-Buddies. Wenn einem von euch ein besserer Begriff einfällt – immer her damit!

(Das Bild zeigt übrigens den geschätzen und gemochten @schmutte und mich beim BarCamp Ruhr. Und nein, ich bin nicht kurz davor, ihm an den Hals zu gehen – er klärt mich gerade über norddeutsche Bräuche auf: Kilmerstuten. Und: Nein, ich folge ihm noch nicht mal, was keinerlei Indiz ist dafür ist, wie viel ich von ihm halte. Aber das ist zum einen viel und zum anderen eine andere Diskussion.)

Schreibe einen Kommentar