Greifen Sie zum äußersten: Reden Sie miteinander!

<Abrotzmodus an> Es gibt da ein Phänomen, das mich jedes Mal den Kopf schütteln lässt, sobald ich auch nur davon höre: Da haben Menschen tatsächlich eine richtig aggressive Aversion gegen das Telefonieren.

Da wird sich dann echauffiert: „Synchrone Kommunikation ist Gewalt“ oder „Warum rufen die einen an? Können die nicht einfach eine Mail schreiben wie jeder andere auch?“.

Hallo? Was soll das denn? Was wäre bitte aus euch vor ein paar Jahrzehnten geworden, als Telefone nun mal klingelten und man – Gott-oh-Gott bewahre – noch nicht mal wusste, wer da mit einem sprechen will?

 

Da musste man sich ganz unfreiwillig mit Namen offenbaren und dann bibbernd abwarten, wer sich denn da nun zu Wort melden würde. So verlangte es die gesellschaftliche Konvention.

Wie haben die Verweigerer das früher gemacht? Sind die damals unter gegangen? Haben sie sich eingeschlossen und sind verkümmert? Haben Menschen nur persönlich aufgesucht, um mit ihnen zu sprechen oder haben ihnen Briefe oder Zettel geschrieben? Haben sie nicht – sie haben sich zusammen gerissen und miteinander gesprochen.

Sind die Leute verweichlicht? Oder sind heute die Ausweichmöglichkeiten einfach zu vielfältig und bequem?

Synchron vs. Asynchron

Synchron: Ich muss sofort antworten (Im persönlichen Gespräch oder am Telefon). Asynchron: Ich kann meine Nachricht per Mail oder Messenger abfeuern und warte dann, bis der andere good and ready ist, darauf zu antworten. Wobei die Pünktchen, die signalisieren, dass das Gegenüber schon an der Antwort arbeitet wahrscheinlich für viele auch schon wieder zu viel ist.

Um eines klar zu stellen: Ich nehme hier Menschen, die mit Anrufen soweit überschüttet werden, dass sie zu nichts kommen und solche mit einer echten Sozialphobie aus, aber jeder ohne ein solches Handicap muss man sich doch fragen lassen, ob sich hier aus Bequemlichkeit in die unendlichen Tiefen der technischen Möglichkeiten zurück gezogen wird!

Das wäre schade und ein echter Verlust. Das ist Verkümmerung von Kommunikation. Das ist Verstecken hinter einer Tastatur. Das ist bei einem ankommenden Anruf die Verweigerung, dem anderen die Höflichkeit erweisen, sich seinem Kontaktwunsch und Anliegen direkt und unmittelbar anzunehmen – „zu stellen“, wie es wohl einige formulieren würden.

Greifen Sie zum äußersten: Reden Sie miteinander!

(Sagte eine meiner Lieblingskolleginnen einmal)

Ganz abgesehen von persönlichen Vorlieben ist dieses Verhalten gerade im Berufsleben ein echter Produktivitätshemmer, da in einem Gespräch in kürzester Zeit Rückfragen geklärt werden können, deren Klärung asynchron deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hätten. Und von der ausbleibenden Beziehungspflege ganz zu schweigen. Auch eine Arbeitsbeziehung ist deutlich belastbarer, wenn man sein Gegenüber ein bisschen kennen gelernt hat. Wenn man im letzten Telefonat beispielsweise aus Nebensätzen oder anderen Äußerungen seine Haltung zu gewissen Themen oder Aspekten schon kennt kann man sie in der weiteren Kommunikation berücksichtigen.

Aber wie bei allem gibt es auch in dieser Hinsicht das andere Extrem:

Tröstlicherweise werden Synchronverweigerer irgendwann an den Punkt kommen, an dem es asynchron nicht mehr geht. Beim Anbandeln beispielsweise mag das Asynchrone hier und da noch hilfreich sein, aber wenn es ums Eingemachte geht, liebe Leute: Es ist noch kein kein Kind asynchron entstanden.*

<Abrotzmodus aus>

*Jaja, alles medizinisch möglich, aber bleiben wir hier bitte mal bei der Normalsituation

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